Mit dem Jahreswechsel sind einige neue Regelungen in Kraft getreten, die die Interessen der Anleger besser schützen sollen. Dabei hat es lange genug gedauert, denn die Änderungen dürften zumindest teilweise durch die Verluste inspiriert sein, die Anleger vor mehr als zehn Jahren im Zuge der Lehman Pleite erlitten hatten. Die Zertifikate waren den Kunden durch wortgewandte Bankberater als lukrative und vor allem relativ sichere Anlagemöglichkeiten angepriesen worden, hatten sich im Endeffekt allerdings als hochspekulative Produkte erwiesen, die vielen Anlegern einen Totalverlust beschert haben. Bei der Aufarbeitung stand vor allem die Frage im Mittelpunkt, ob und wie über diese Risiken tatsächlich aufgeklärt wurde. Mit den neuen Reglungen sollen derartige Unwägbarkeiten von vorherein ausgeschlossen werden. Neben umfangreicheren Dokumentationspflichten gelten von nun an klare Regeln für die Aufklärung der Kunden.
Aufzeichnungspflicht für Telefonate
Ein zentraler Streitpunkt in der Anlageberatung besteht immer wieder in der Frage, ob der Berater wirklich vollständig über die Risiken aufgeklärt hat. Bei der Beratung vor Ort in der Bankfiliale ist es vor diesem Hintergrund schon länger Vorschrift, dass am Ende ein sogenanntes Beratungsprotokoll unterschrieben wird. Darin werden alle Inhalte des Gespräches festgehalten, inklusive der Risikoaufklärung. Häufig handelte es sich hierbei jedoch um Standardprotokolle, die im Regelfall durch den Kunden gar nicht vollständig gelesen wurden. Trotzdem waren die Bank bzw. der Berater bei eventuellen Streitigkeiten aus dem Schneider. Mehr Sicherheit könnte daher die Regelung bringen, das bei telefonischen Beratungen das Gespräch komplett aufgezeichnet werden muss. So kann tatsächlich festgestellt werden, ob und wie der Berater über die Risiken aufgeklärt hat. Die Mitschnitte müssen mindestens fünf Jahre lang archiviert werden.
Geeignetheitserklärung
Daneben wird das bisherige Beratungsprotokoll abgeschafft und durch die sogenannte Geeignetheitserklärung ersetzt. Darin muss dann präzise festgehalten werden, warum dem Kunden ein bestimmtes Produkt konkret empfohlen wurde. Der Berater ist in diesem Zusammenhang dazu verpflichtet, das Risikoprofil gemeinsam mit dem Kunden herauszuarbeiten. Dabei spielt auch der Kenntnisstand des Kunden in Bezug auf die Finanzanlage eine wichtige Rolle. Damit liegt nun ein verbindliches Instrument vor, mit dem die Erfahrungen, Kenntnisse und Erwartungen strukturiert abgefragt werden können. Branchenvertreter sehen hierin ein deutlich höheres Maß an Transparenz für den Kunden. Dem privaten Anleger wird so insbesondere die Möglichkeit gegeben, mehr Klarheit über die eigenen Anlagepräferenzen zu erlangen.
MiFID II sorgt für starken Verbraucherschutz
Alles in allem soll mit den neuen Regelungen im Rahmen von MiFID II für einen deutlich verbesserten Schutz der Verbraucher gesorgt werden. Entscheidend ist dabei aber natürlich auch, dass sich die Verbraucher selber mit der Materie beschäftigen und ihre Vorstellungen in Bezug auf die Finanzanlage genauer hinterfragen. Genau für diesen Zweck sollte die Aufklärung auch genutzt werden. Denn das Verfahren führt letzten Endes auch dazu, dass Kunden, die sich im Nachhinein schlecht beraten fühlen, mit einer Klage keine Chance mehr haben.
Was den Kunden aber prinzipiell nutzt, bedeutet auf der anderen Seite für die Banken einen deutlich höheren bürokratischen Aufwand. Die Folge hierfür könnte vor allem sein, dass Anlageberatung für Kunden fortan nicht mehr generell kostenlos angeboten wird. Doch auch dies ist per se nicht negativ zu bewerten. So könnte nämlich nun auch Schluss mit den Beratungsgesprächen sein, die vor allem den Zweck von Verkaufsveranstaltungen erfüllen, bei denen also die Produkte der Bank möglichst schnell an den Kunden gebracht werden sollten, ohne dass eine Beratung im eigentlichen Sinne stattfand. Wer sich etwas intensiver mit diesem Sachverhalt auseinandersetzen möchte, findet in diesem Podcast weitere Hintergrundinformationen zu MiFID II sowie Anregungen für die eigene Geldanlage.